22-Jähriger zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt- Mit Auto und Bike zum Coffee-Shop
(chh). Zusammen mit dem sogenannten Schlitzer soll Felix K. im Juli diesen Jahres in Holland 4,5 Kilogramm Amphetamine und 600 Gramm Marihuana gekauft haben. Dafür musste er sich gestern vor dem Gießener Landgericht verantworten. Der An geklagte zeigte sich geständig und wurde vom Vorsitzenden Richter Dr. Dietwin Johannes Steinbach zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Verfahren gegen den »Schlitzer« wird gesondert verhandelt.
4,5 Kilogramm Amphetamine und rund 600 Gramm Marihuana sollen Felix K (Name geändert, die Redaktion) und Patrick W. in einem heruntergekommenen Vorort von Maastricht gekauft haben. 3,5 Kilo der synthetischen Drogen und die Hälfte des Marihuanas sollten an W. gehen, in der Wetterau als »Schlitzer« bekannt. Für den Rest musste sich gestern vor Gericht der 22-Jährige aus Weilmünster verantworten. Der »Schlitzer« wartet noch auf seinen Prozess. Sein Verfahren wird getrennt verhandelt, auf ihn könnten noch Anklagen wegen Waffenbesitz und Volksverhetzung zukommen. Der Echzeller sitzt derzeit in Untersuchungshaft.
Gleich zu Beginn des Verhandlung berieten sich Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Richter Steinbach und stellten dem 22-jährigen Angeklagten eine maximale Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten in Aussicht. Voraussetzung: ein umfassendes Geständnis. K. willigte ein und schilderte detailliert den Tathergang.
Den »Schlitzer« habe er rund ein Jahr vor dem Drogendeal kennengelernt. »Ein Freund von mir war mit Patrick befreundet, ich glaube, sie sind zusammen in die Schule gegangen«, berichtete der 22-Jährige. Da W. ein Tattoo-Studio besitzt, sei man häufiger nach Echzell gefahren, auch weil sich die Freundin des Angeklagten ein Piercing stechen lassen wollte. Irgendwann habe ihn W. gefragt, ob er Interesse habe, in Holland Drogen zu kaufen. K. stimmte zu.
Vor Coffee-Shop Dealer angesprochen
»Wir sind dann zusammen nach Maastricht gefahren. Patrick hat vor einem Coffee-Shop jemanden angesprochen und nach Drogen gefragt«, erklärte der Angeklagte. Die Kontakte waren geknüpft, W. und K. machten sich wieder zurück nach Deutschland. Der 22-Jährige fuhr anschließend mit seiner Freundin in den Urlaub, der »Schlitzer« noch ein paar Mal nach Holland, um den Deal vorzubereiten. Noch im Urlaub rief der »Schlitzer« K. an: »Er sagte mir, wir müssen uns dringend, treffen, wenn ich wieder zu Hause bin.« Konkret über den geplanten Deal habe man nicht gesprochen. »Patrick hatte den Verdacht, dass die Polizei sein Handy abhört«, begründete der 22-Jährige. Der »Schlitzer« sollte Recht behalten, wie sich später herausstellte.
Kurz nach der Rückkehr aus dem Urlaub war es dann soweit, am Abend des 7. Juli machten sich die beiden auf in Richtung Holland. K. fuhr mit seinem Wagen, Patrick W. folgte auf einem gemieteten Motorrad. »Damit er schneller vor der Polizei fliehen kann«, sagte K. auf Nachfrage des Richters. In Maastricht stoppten sie an einer Tankstelle. »Patrick rief die beiden Dealer an. Kurze Zeit später tauchten sie auf, und wir fuhren gemeinsam in einen heruntergekommenen Vorort«, erinnerte sich der junge Mann aus Weilmünster. In einer Wohnung legten K. und W. zusammen rund 7000 Euro auf den Tisch, sie erhielten eine Tüte mit 4,5 Kilogramm Amphetamine und eine Tüte mit 600 Gramm Marihuana.
Mit dem Motorrad über die Grenze
Ohne die Ware zu wiegen – der Angeklagte sagte dem Richter, er habe W. vertraut, außerdem habe er Angst vor den Dealern gehabt – machten sich die beiden zurück nach Echzell. Die Drogen transportierte der »Schlitzer« auf dem Motorrad im Rucksack, K. folgte in seinem Auto. Als er gegen 4 Uhr morgens die Hofreite in Echzell erreichte, sei er direkt festgenommen worden. »Ich glaube, die Polizei hatte Patrick auch schon gefasst.«
Korrekt, wie ein Polizist gestern im Zeugenstand bestätigte. »Wir haben Patrick W. schon seit Anfang des Jahres umfangreich überwacht«, berichtete der Beamte der Polizeistation Wetterau. Demnach habe es schon mehrere verdächtige Fahrten gegeben, bei denen der »Schlitzer« ein schnelles Motorrad gemietet hatte. Daher observierten die Beamten den Gettenauer auch am 7. Juli. Wir haben die Fahrt nach Holland mit technischen Mitteln begleitet«, sagte der Polizist. Auf Nachfrage des Verteidigers erklärte er, dass man das Handy des »Schlitzers« geortet habe. In der Wohnung des 25-Jährigen erfolgte dann der Zugriff.
Sympathien für rechte Szene
Das umfassende Geständnis zeigte Wirkung: Staatsanwältin Dr. Carina Heublein plädierte für eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten zur Bewährung. Für den Angeklagten spreche seine umfassendes und frühes Geständnis, gegen ihn die große Menge der gekauften Drogen und seine Vorstrafe. Im November 2009 war der junge Mann verurteilt worden, weil er bei einem Fußballspiel ein T-Shirt mit rechtsradikalem Aufdruck getragen habe. Beim Polizeiverhör nach seiner Festnahme im Juli habe er gesagt, mit der rechten Szene zu sympathisieren. Vor Gericht betonte K. seine Gesinnung habe sich inzwischen geändert.
Sein Verteidiger forderte drei Monate weniger. Sein Mandant sei noch sehr jung und zudem auf einem sehr guten Weg. Seit Kurzem sei er als Handwerker selbstständig.
Richter Steinbach folgte dem Plädoyer des Verteidigers und verurteilte den Angeklagten wegen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handel zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Zudem muss er 1000 Euro an die Staatskasse zahlen und regelmäßige Drogentests nachweisen.
»Sie haben sich von starken Männern beeinflussen lassen. Nicht Sie hatten das Sagen, sondern W. Sie waren ein Mitläufer. Trotzdem, Sie haben eine schwere Straftat begangen. Es ist notwendig, dass Sie sich aus dem Dunstkreis des Drogenhandels fernhalten.«
Ein Termin für die Verhandlung gegen den »Schlitzer« steht noch nicht fest.
© Wetterauer Zeitung 26.10.2011