Eigentlich sollten alle an einem Strang ziehen, wenn es um Projekte gegen Rechts geht. Doch in Echzell ist einiges aus dem Ruder gelaufen. Der Projektträger des Landesaktionsplanes Mittlere Wetterau ist jetzt ausgestiegen.
Grätsche gegen Rechtsaußen war bislang der Ansprechpartner, wenn es um Angebote gegen Rechts geht. Der Verein hat die Trägerschaft niedergelegt. Manfred Linss vom Vorstand ist enttäuscht: „Der Streit mit der Gemeinde Echzell ist eskaliert. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe hat es nie gegeben.“ Es gab sogar ein juristisches Nachspiel, doch ein Widerspruch wurde vom Verein zurückgezogen.
Die Grätsche war Projektträger des Bundesprogrammes Landesaktionsplan Mittlere Wetterau (LAP). Mit 230 000 Euro Fördergeldern sollen bis Ende 2013 in Echzell, Wölfersheim, Florstadt und Reichelsheim Strukturen aufgebaut werden, die ein nachhaltiges Arbeiten gegen Neonazis ermöglichen sollten. Echzell ist auch der Sitz der Old Brothers, deren Anführer Patrick W. in den vergangenen Wochen öfters Schlagzeilen machte.
Tischtuch zerschnitten
Der Streit entzündete sich auch daran, dass die Grätsche nicht mit ihrem Logo auf Veröffentlichungen zu sehen war. „Ohne Logo erteilen wir keine Beauftragung für ein Projekt“, schildert Linss dazu. Das Tischtuch war zerschnitten, zum 1. April wurden dem Verein keine Mittel mehr zur Verfügung gestellt. Inzwischen hat sich die Grätsche zurückgezogen. „Wir wollen dem Programm nicht schaden, denn es ist eine gute Sache“, sagt Linss. Dennoch ist er von der Gemeinde Echzell als federführende Kommune enttäuscht. „Schließlich wäre es ohne die Grätsche nie zum Zuschlag für das Projekt gekommen“, ist sich Linss sicher.
Neuer Projektträger ist der Förderverein der Kurt-Moosdorf-Schule. Für Linss hat diese Besetzung ein Geschmäckle. Vorsitzender des Fördervereins ist Echzells Bürgermister Dieter Müller (SPD). Sabrina Lauster vom für das Programm zuständigen Projektbüro wechselte ebenfalls die Seiten. Sie war einst im Vorstand der Grätsche, gehört nun dem Fördervein an.
„Rolle falsch verstanden“
Lauster habe gegen den Verein gearbeitet, sei dem Rauswurf durch ihren eigenen Austritt zuvorgekommen. Linss vermutet, dass man den Förderverein einfacher vor den Gemeinde-Karren spannen könne. „Der Förderverein hat so viel mit Projekten gegen Rechts zu tun wie der Metzger mit Schnürsenkeln“, sagt Linss. Die Grätsche will weiter Fahrten nach Buchenwald anbieten und plant ein sportliches Festival in Kooperation mit dem SV Echzell. Sie will auch den LAP weiter unterstützen, Projekte einbringen und Vereine beraten.
„Die haben ihre Rolle von Anfang an falsch verstanden“, sagt dagegen Thomas Alber von der Gemeindeverwaltung. Beim Projektträger handele es sich um den Mittler, der Strukturen schaffen solle. Über die Projekte selbst entscheide ein Begleitausschuss. Der Verein habe das nie verstanden.
Alber verlangt vom Verein jetzt eine beleghafte Abrechnung, um überschüssige Gelder zurück an den Bund zu leiten. Die können dann über die Regiestelle des Bundes wieder an den Förderverein ausgezahlt werden. „Die Zusammenarbeit mit dem Förderverein ist unkomplizierter. Das ist nötig, um in den verbleibenden anderthalb Jahren bis Projektende dauerhafte Strukturen zu schaffen“, sagt Alber.
Zur Personalie Lauster sagt Alber: „Sabrina Lauster ist freiberufliche Honorarkraft. Durch ihre Vorstandstätigkeit in der Grätsche kamen Forderungen seitens des Vereins auf, die sie aber in ihrer Verpflichtung zum Projektbüro nicht erfüllen konnte. Sie saß zwischen den Stühlen, deswegen kam es wohl auch zum Streit.“
Der habe nicht nur verbal stattgefunden, Mitglieder der Grätsche seien handgreiflich geworden, hätten versucht, Lauster das Notebook mit den Dateien zum Programm zu entreißen. Lauster leiste hervorragende Arbeit. „Was jetzt passiert, ist Nachtreten unter der Gürtellinie, sagt Alber, der die persönliche Enttäuschung der Mitglieder aber verstehen könne.
© Frankfurter Neue Presse 05.06.2012