Kreis-Anzeiger – „Lassen sie uns mit Beitritt ein Zeichen setzen“

Stadt Reichelsheim wird Mitglied im Verein „Grätsche gegen Rechtsaußen“ – Diskussion ruft Kopfschütteln hervor 

(ida). Kopfschüttelnd verfolgten rund 20 Zuhörer und die meisten Parlamentarier bei der jüngsten Sitzung in der Sport- und Festhalle Dorn-Assenheim die Diskussion über den von der SPD beantragten Beitritt der Stadt Reichelsheim zum Verein „Grätsche gegen Rechtsaußen“.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Wiltrud Risch-Laasch begründete den Antrag. Der Verein habe sich gegründet, weil es in Echzell-Gettenau Rechte Bewegungen gäbe. Dort würden Partys in Räumen gefeiert, die wie Gaskammern gestaltet seien. Einem Nachbarn sei im Streit die Hose heruntergezogen und die Szene als Video ins Internet eingestellt worden. Der Verein wende sich an alle Wetterauer. „Er will das demokratische Bewusstsein fördern, aufklären und ein Raum für Diskussionen schaffen sowie Jugendarbeit fördern“, erklärte Risch- Laasch. „Reichelsheim sollte als direkter Nachbar dabei sein.“ Wenn sich die Bevölkerung breit gegen Rechtsextremismus stelle, könne das ein Erfolg sein. In Butzbach habe es funktioniert. „Lassen sie uns mit dem Beitritt ein Zeichen setzen“, appellierte sie an die Stadtverordneten. Unterstützung gab es von CDU-Fraktionschefin Karin Lauer, die empfahl, dass sich der Verein gegen alle extremistische Gewalt stellen solle. Außerdem schlug Lauer vor, mit den Vereinsvertretern in einer Ausschusssitzung ins Gespräch zu kommen. Der Antrag sollte jedoch ergänzt werden, aus welchen Haushaltsmitteln der Vereinsbeitrag gezahlt werden solle.

Hans-Günter Scholz von der FWG sah das anders. „Die Stadt sollte das Geld nicht aufbringen. Besser wäre es, wir Stadtverordneten legen jeder fünf Euro hin und bezahlen den Beitrag“, argumentierte er. „Es ist jedem freigestellt, dem Verein beizutreten. Es ist aber ein gutes Signal, als Stadt den Verein zu unterstützen“, entgegnete Risch-Laasch. „Kann die Stadt überhaupt einem Verein beitreten?“, fragte Scholz nach. „Natürlich kann die Stadt jedem Verein beitreten“, griff Stadtverordnetenvorsteher Holger Strebert in die Diwwwskussion ein. Florstadt und Echzell hätten dieses Zeichen längst gesetzt, ergänzte Risch-Laasch. „Haben Sie schon begriffen, wir sind hier in Reichelsheim“, entgegnete Scholz und hatte damit endgültig den Unmut vieler Mandatsträger auf sich gezogen. Eine Kommune sei voll rechtsfähig, sie könne GmbHs gründen und Vereinen beitreten, erklärte SPD-Fraktionschef Rainer Schauermann. „Das sollte auch ein FWG-Fraktionschef wissen. Wenn nicht, empfehle ich ihm, entsprechende Fachliteratur zu lesen“, schimpfte er.

Bei der Abstimmung enthielten sich die beiden FWG-Vertreter, ein CDU-Mann stimmte dagegen und 25 Parlamentarier votierten für den Beitritt der Stadt Reichelsheim zum Verein „Grätsche gegen Rechtsaußen“.

© Kreis-Anzeiger 2010 

Wetterauer Zeitung – Reichelsheim wird Mitglied bei »Grätsche«

(dab). Die Stadt soll Mitglied im neuen Verein »Grätsche gegen Rechtsaußen« werden. Das haben die Stadtverordneten am Dienstagabend in ihrer jüngsten Sitzung in der Sport- und Festhalle Dorn-Assenheim beschlossen — allerdings nicht einstimmig.

Für die antragstellende SPD begründete Dr. Wiltrud Risch-Laasch das Anliegen. Reichelsheim solle dem Echzeller »Verein zur Förderung demokratischen Bewusstseins« aus zwei Gründen beitreten, noch dazu als direkter Nachbar. Einerseits solle den Rechtsextremisten in Gett-nau die Basis entzogen werden, indem man im Gegenzug für eine breite Unterstützung der »Grätsche gegen Rechtsaußen« sorge. Andererseits beabsichtige man eine Signalwirkung, dass auch in Reichelsheim kein Platz für Rechte sei.

»Man muss gegen Rechte vorgehen, wo und wann man sie trifft«, fasste CDU-Fraktionsvorsitzende Karin Lauer-Schmaltz die Haltung der Union zusammen — wenn auch nicht die der kompletten Fraktion. Ein Abgeordneter stimmte am Ende gegen der Beitritt zum Verein, eine Erklärung gab er dazu nicht ab.

Dafür erläuterte FWG-Fraktionschef Hans-Günter Scholz die Enthaltung der Freien Wähler. Selbstverständlich müsse man gegen die rechte Gesinnung einen Schulterschluss erzielen. Doch wollte er die Stadtkasse schonen und den vorgeschlagenen Jahresbeitrag von 100 Euro lieber von den Stadtverordneten einsammeln. Es sei wichtig, dass die Gemeinde Mitglied werde und signalisiere, dass sie hinter dem Grundgedanken des Vereins stehe, unterstrich Risch-Laasch. Jeder Stadtverordnete könne dem Verein darüber hinaus persönlich beitreten, riet sie Scholz.

© Wetterauer Zeitung 25.11.2010

Wetterauer Zeitung – Linke spenden 500 Euro an »Grätsche«

Junger Verein gegen Rechtsaußen will Filmabende und Lesungen organisieren 

(pn-i/dab). Die Wetterauer und Hessischen Linken haben dem Echzeller Verein »Grätsche gegen Rechtsaußen« 500 Euro gespendet. Dies sei als Würdigung des bereits gezeigten Engagements und zugleich als Ansporn und Unterstützung für weitere Aktivitäten zu verstehen, sagte Peter Zeichner, als er »Grätsche«-Kassierer Kurt Rühl den Scheck überreichte.

Vertreter der Linken aus dem Kreisvorstands und Kreistag hatten die jüngste Sitzung der früheren Bürgerinitiative »Grätsche gegen Rechtsaußen« zum Anlass genommen, um sich über die die aktuelle Arbeit zu informieren. Zeichner und Karlheinz Hofmann begrüßten die erfolgte Organisationsänderung zu einem »Verein zur Förderung demokratischen Bewusstseins«. Die ehemalige BI setze damit ein erfreuliches Signal der Verstetigung ihres Engagements gegen Rechtsextremismus und wachse sich zu einer weiteren Institution aus, die das Spektrum der Initiativen gegen Rechtsextremismus um einen weiteren Partner in der mittleren Wetterau bereichere.

Die Schwerpunkte ihrer Vereinsarbeit für die nächste Zeit sahen die Mitglieder der »Grätsche« in der Aufklärung von Jugendlichen und Erwachsenen über die Ursachen und Arbeitsweisen von Neofaschisten, der Entwicklung von Formen sinnvollen Widerstands gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sowie der Dokumentation rechtsextremer Umtriebe in der Wetterau und darüber hinaus. Die »Grätsche« wolle und könne diese Arbeit aber nicht alleine stemmen, sondern setze auf die Zusammenarbeit mit den bereits agierenden Gruppen und Einzelpersonen, erklärte Elena Stall, die Pressesprecherin des jungen Vereins. Auch der Kontakt zu Parteien und Gewerkschaften, Ge-meindevorständen und Kommunalverwaltungen sei für die Arbeit der »Grätsche« grundlegend, ergänzte die Vorsitzende Olivia Bickerle.

Mit Interesse verfolgten die Linken die Diskussion über die geplanten Aktionen des Vereins. So arbeiten die Mitglieder nicht nur an einer Wiederholung ihres erfolgreichen »Festivals gegen Rechts« im nächsten Jahr. Sehr bald schon wollen die Aktivisten der »Grätsche« auch mit Filmabenden vor Ort zum Thema Rechtsextremismus beginnen. Insbesondere 12- bis 16-Jährige sollen außerdem mit Mitternachtslesungen für dieses Thema sensibilisiert werden. Parallel dazu soll die Vernetzung mit anderen Initiativen auf Kreisebene und überregional ausgebaut werden.

© Wetterauer Zeitung 18.11.2010 

Wetterauer Zeitung – Ziel: 270000 Euro für Kampf gegen Rechts erhalten

Florstadt und Echzell wollen am Bundesprogramm »Toleranz fördern — Kompetenz stärken« teilnehmen

(chh). Echzell geht weiter gegen rechtsextreme Tendenzen in der Gemeinde vor. Neben dem Verein »Grätsche gegen Rechtsaußen«, der mit einem Festival überregional für sein Anliegen geworben hat, machen die Politiker gegen fremdenfeindliche Strukturen mobil. Bürgermeister Dieter Müller hat am Montag bei der Gemeindevertretersitzung verkündet, dass sich Echzell gemeinsam mit Florstadt um Gelder des Bundesförderprogramms »Toleranz fördern – Kompetenz stärken« beworben hat. 

Durch das Programm können Kommunen bis zu 270 000 Euro – verteilt über drei Jahre erhalten, um rechtsextremistische Bestrebungen bei jungen Menschen zu bekämpfen, wie Bürgermeister Müller am Montag gegenüber der WZ erläuterte. Ziel sei es, Strategien und einen Aktionsplan zum Verhindern von rechtsextremistischen Tendenzen zu entwickeln. »Auch weitere Kommunen aus der Region können sich uns anschließen«, warb Müller. 

Das zugrunde liegende Problem sindVorfälle in der Wiesengasse in Gettenau. Dort war vor fast genau einem Jahr ein Familienvater von Anhängern der rechtsextremen Szene angegriffen und verletzt worden. Daraufhin hatte sich die Bürgerinitiative »Grätsche gegen Rechtsaußen« gegründet, die mittlerweile ein Verein ist. Warum Florstadt sich beteiligt, auch als Mitglied in besagtem Verein, erklärt Bürgermeister Herbert Unger: »Wir haben in der mittleren Wetterau ein Problem mit aufkeimenden Rechtsradikalismus,« Die Keimzelle sei zwar in der Wiesengasse zu finden, der umstrittene Bürger stamme aber aus Florstadt. »Dieser Mann hat sich mehrfach rechtsradikal verhalten und ist ja auch polizeibekannt.«

Als der heute 25Jährige in Florstadt wohnte, hätte man mit den Eltern von jungen Leuten noch reden können. »Daher ist es bei uns nicht zu nermenswerten Aktivitäten gekommen. Doch seit dem Wegzug ist ‚erkennbar, dass der Mann klipp und klar eine rechtsradikale Motivation hat«, betont Unger. So seien zum Beispiel rechtsradikale und gewaltverherrlichende T-Shirts in dem Tätowierstudio des Mannes verkauft worden, der damals noch in Wölfersheim wohnte. »Inzwischen ist seine Kundschaft oft volljährig, da kann man nicht mehr mit Eltern sprechen. Deshalb müssen wir zu anderen Mitteln greifen, um solche Tendenzen einzudämmen.« Aus diesem Grund wolle man an dem Bundesprogramm teilnehmen. Mit den Mitteln könne man Aufklärungsarbeit leisten. Dazu gehören laut Bürgermeister Unger auch weitere Events gegen Rechts. 

»Niemand hat etwas dagegen, wenn Jugendliche Partys feiern. Von mir aus auch die ganze Nacht lang«, betont Unger. »Aber wenn auf den Partys von dem Herrn aus der Wiesengasse Nebel a. us Duschköpfen strömt, wie es vorgekommen sein soll, dann ist das nicht nur schlechter Geschmack. So etwas ist eindeutig kriminell.« 

© Wetterauer Zeitung 03.11.2010